Um es gleich vorweg zu sagen: der Spinattaschenmann hat große, sehr große Ähnlichkeit mit Roberto Benigni (links ein Näherungswert). Bei einem Roberto Benigni-„Look alike contest“ würde der Spinattaschenmann ganz vorne mitmischen. Wenn nicht sogar gleich den ersten Platz machen. „That es him!“ – würde die begeisterte Jury einhellig ausrufen und all die anderen Benignis umgehend nach Hause schicken. Doch von seiner Ähnlichkeit zum italienischen Starschauspieler weiß der Spinattaschenmann nichts. Er ist kein Schauspieler, nein, er hat nicht mal eine besondere schauspielerische Begabung, wenn er nachts die Kreuzberger Kneipen abklappert. Sein Job heißt ganz einfach: warme Spinattaschen verkaufen.
Neben dem Kerzenmann, der Frau mit den Blumen und dem Tagesspiegelopernsänger, ist der Spinattaschenmann die vierte geschäftstüchtige Kiezgröße, der man nicht aus dem Weg gehen kann. Doch was den Spinattaschenmann von seinen Mitbewerbern unterscheidet ist, dass er unauffällig agiert, still, katzengleich. Seine ganze Erscheinung – lassen wir die Ähnlichkeit zu Benigni einmal außen vor – ist unauffällig. Brille, etwas längere, leicht schüttere Haare und eine beige Jacke. Dazu ein abgedeckter Bastkorb, in dem die warmen Taschen eng beisammen liegen. Der Spinattaschenmann kommt immer dann, wenn man am wenigsten mit ihm rechnet. Das Gespräch plätschert gerade so vor sich hin, das dritte Bier steigt zu Kopf und benebelt die Feierabendgedanken, da hört man auf einmal: „SPINATTASCHEN?“ (das Fragezeichen wird mitgesprochen). Man fragt sich noch und sein Gegenüber, „hast Du auch gerade Spinattaschen verstanden?“ – und erst jetzt dämmert einem, woher das rätselhafte Wort kam. Kein Gott hat es gesprochen, auch keine Wahnstimme im eigenen Kopf – nein, das war der Mann mit der merkwürdigen Ähnlichkeit zu diesem… äh…. Dings, verdammt, wie heißt nochmal dieser eine italienische Schauspieler, der in diesem einen Film, der erst so als Liebesgeschichte beginnt und dann im KZ endet, mit dem kleinen Jungen…? Ja, diese Momente sind typisch für die, die den Spinattaschenmann noch nie gesehen haben. Denn sein Gesicht erscheint nur kurz in der Menge. Der Moment also, in dem man gewahr wird, dass der Mann mit der beigen Jacke, der Brille, dem etwas längeren und leicht schütteren Haar einem gerade eine Spinattasche zum Kauf angeboten hat, ist auch der Moment, in dem der Spinattaschenmann schon längst wieder fort ist. Hinzu kommt, dass er sein durchaus verlockendes Angebot meist nur haucht – fast Lippenleser also muss man sein, um zu verstehen.
Das alles natürlich gilt nur für die erste Begegnung. Spätestens nach dem dritten Mal wird der Spinattaschenmann ebenso zur Routine, wie seine Konkurrenz. Die Spinattaschen übrigens schmecken gut, auch wenn man sich fragt, ob er die wohl selbst herstellt, oder nicht doch eher eine Spinattaschenmafia hinter der Sache steckt (ähnlich, wie bei den Rosen). Und wenn der Spinattaschenmann nicht doch irgendwann zu Benignis Double wird, hätte er auch gute Chancen auf einen Meisterschaftstitel im Tischfussball. Ja! Spät nachts, wenn die letzte Spinattasche verkauft ist, kann man ihn ab und zu an den Kreuzberger Kickertischen sehen. Hier dreht der sonst Unauffällige dann richtig auf und versägt seine Gegner reihenweise. Es stecken viele Talente im Spinattaschenmann.
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