Beschreibung
Was erinnert im Wiener Blut an Wiener Blut? - Nichts, außer der roten Farbe an der Wand. Die Kneipe ist so Kreuzberg, wie Kreuzberg überhaupt nur sein kann. Kein "Wiener Schmäh", nur die Wiener Straße vor der Tür, durch die die letzten Gäste irgendwann koordinationslos in den frühen Morgen stolpern. Den schwankenden U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof vor den rot unterlaufenen Augen.
Das Wiener Blut ist laut, schmutzig und rauh. Und damit ein interessanter Kontrast zu den Kneipen und Bars des "anderen", "neuen" Kreuzbergs, wie dem Luzia oder dem Fuchsbau. Wer sollte ins Wiener Blut gehen? Jeder, der auf laute Musik, Kicker und Fußballübertragungen steht oder einfach einen trashigen Abend erleben will. DJs, talentierte, weniger talentierte und völlig talentfreie, legen hier an fast jedem Abend der Woche auf und ziehen dabei "ihren Stiefel" in aller Seelenruhe durch. Das heißt: auf die Plattenteller kommen die eigenen, teils abstrusen Vorlieben.Wer aber erstmal einen der raren Plätze auf den roten Sofainseln ergattert hat, dem ist die Musik irgendwann egal. Der kann den anderen Gästen zuschauen, oder den Profis am Kickertisch.
Einige ziehen zum Spielen Handschuhe über, andere haben einen Schraubenzieher dabei, um die Kickerstangen zu justieren. Allzu leichtfertig also sollte man die Spieler am Kicker nicht herausfordern. Wenn man nicht mindestens auf Kreisliga-Niveau spielt, zieht man unter Umständen recht schnell wieder von dannen und hat zu allem Überfluß auch noch den hart erkämpften Sofaplatz verloren.Aber selbst dann gibt es im Wiener Blut immer noch genug zu erleben. Auch, wenn man sich einfach nur neben den melancholischen DJ stellt und dem Drehen der Platten zuschaut und darüber die Zeit vergisst.
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