Zum Lachen geht der Deutsche in den Jodelkeller. So - oder so ähnlich - lautet das Sprichwort, das man sich über die Deutschen erzählt von Reykjavik bis Tunis. Und auch Kreuzberg hat seinen Jodelkeller. Er liegt in der Adalbertstraße, schon recht am Ende und etwas versteckt im Souterrain der Nummer 81. Doch zum Lachen, nein, zum Lachen kommt kein zufälliger Gast hierher. Warum dann?
Die Anziehungskraft Berlins und besonders Kreuzbergs auf die Italiener ist nach wie vor ungebrochen. Sie bilden eine der größten Gruppen hier lebender EU-Bürger, italienische Restaurants und Spezialitäten finden sich an jeder Ecke und auf den Straßen trifft man regelmäßig aufgeregt durcheinander sprechende und wild gestikulierende Großgruppen italienischer Touristen und Erasmus-Studenten.
Die Kreuzberger Hinterhöfe sind eine Welt für sich. Jeder ein wenig anders. Die, die im Seitenflügel leben (in anderen Städten kennt man den gar nicht, geschweige denn einen ordentlichen Hinterhof), sind mit ihrem Hinterhof auf das Engste verbunden. Er ist quasi ein zusätzlicher Wohnraum, ein Zimmer im Freien.
Seit geraumer Zeit schon geht ein böses Wort um in Kreuzberg. Das Wort Gentrifizierung. Es bedeutet, wenn es denn erstmal umgeht, nichts Gutes für den betroffenen Stadtteil.
Friedlich, traurig und ein wenig krumm sehen die bemitleidenswerten Kreuzberger Esel aus. Ihre Koppel, auf der sie im Regen, genauso wie unter gleißender Sonne stehen, ist nicht klein und doch beschränkt. Wer sich jetzt fragt - von was zum Teufel redet der Mann da? - dem sei gesagt: ja, Kreuzberger Esel gibt es wirklich. Echte. Keine mit Kapuze, Schnauzi oder zu engen Hosen.
Nach endlosem Hin und Her hat Kreuzberg seit April 2008 eine Straße, die den 68er-Studentenführer mit dem Feuerblick ehrt. Lustig war der Prozess der Umbenennung eines Teils der Kochstraße ja schon - denn dieser Teil stösst direkt mit der Axel-Springer-Straße zusammen. Eine von vielen deutschen Gerichtspossen entspann sich also um die von der TAZ erfundene Namensgebung, in der zwei verbitterte Gruppen sich in Grund und Boden prozessierten und nebenbei noch ihre Volksbegehren bzw. Unterschriftenaktionen gegeneinander in Stellung brachten.
"Also bitte", wird nun der Eine oder Andere raunen - "Chaos!, wie abgeschmackt. Ist denen nichts besseres eingefallen?" Die ehrliche Antwort ist: Nein. Aber lassen wir uns den Begriff und seine Beziehung zu Kreuzberg doch einmal näher betrachten. Ganz unwissenschaftlich, versteht sich.
In den Siebzigern, als in Kreuzberg Häuser besetzt wurden und der ganze Bezirk ein "Schattenbezirk" war, weil er am Ende der BRD lag und am Rand der DDR, gründeten sich die ersten Bio-Läden. Bio war damals furchtbar alternativ. Nicht so wie heute, wo es alle paar Meter einen grünen Mega-Markt gibt und auch noch im heruntergekommensten Discounter Bio-Milch in den Regalen steht. Bio war ein Synonym für anders sein, für Strickzeug und die große Weltumarmung.
Ha! Da ist das Schlagwort, mit dem Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher Kreuzberg gerne verbinden, wenn die Tagesschau aus diesem Stadtteil berichtet. Autonome, das sind Chaoten, Hausbesetzer, Punker, Schnorrer und Asoziale, die am 1. Mai Bierflaschen gegen olivgrüne Wasserwerfer schleudern. In den Medien wird der Begriff wegen seiner Griffigkeit geschätzt. Was schreibt der Duden? Au|to|nom (griech.) (selbstständig, unabhängig).